Ist man in Social Media aktiv, stellt sich früher oder später die Frage, wie erfolgreich die eigenen Aktivitäten sind. Eine Erfolgsanalyse ist nicht nur wichtig, um intern zu dokumentieren, was man erreicht hat. Sie dient auch der Argumentation des Wertbeitrages von Social Media sowie finanzieller und personeller Ressourcen, die man dafür benötigt. Eine Analyse sorgt zudem für den notwendigen Durchblick: Man sieht, wie eigene Beiträge performen und ob die strategischen Zielsetzungen funktionieren – und kann das Ganze dann entsprechend anpassen. Schließlich lässt sich der Wettbewerb beobachten – und dies bereits, ohne selbst aktiv zu sein. So ist es tatsächlich sinnvoll, eher früher als später mit der Social Media Analyse zu beginnen.
Über den AutorMichael Dallwig ist freier Kommunikationsberater und Referent an der Deutschen Presseakademie für Social Media. Er unterstützt Unternehmen in ihrer Kommunikation mit Schwerpunkt auf der strategischen Entwicklung von Social Media Aktivitäten. Spezialwissen hat er sich in den Bereichen Social Media Analytics und Social Collaboration angeeignet. Sein Background sind 20 Jahre Berufserfahrung, davon 14 Jahre im E.ON-Konzern, wo er für die Online Kommunikation zuständig war. |
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Analyse vs Monitoring
Häufig wird von „Monitoring“ gesprochen, wenn es eigentlich um die Analyse geht: Die Begriffe bezeichnen jedoch verschiedene Sachverhalte und beziehen sich auf unterschiedliche Messmethoden. Die Analyse dient der Beobachtung sowohl unternehmenseigener Aktivitäten als auch der von Wettbewerbern: Sie drückt sich in der quantitativen Erfassung von Performance-Kennzahlen der Facebook-, Twitter oder YouTube Seiten aus. Kurz: Man sieht, wie erfolgreich man ist. Das Monitoring befasst sich hingegen mit unstrukturierten Inhalten: Die Suche nach einem Stichwort und dessen Verwendung im Social Web. Hier lässt sich erkennen, wie über Marke, Produkt oder Thema gesprochen wird. Im Ergebnis ähnelt das einem Pressespiegel bezogen auf Erwähnungen im Internet.
Die Unterscheidung ist vor allem bei der Auswahl der Tools relevant, die in ihrer Funktionsweise auf das jeweilige Einsatzgebiet zugeschnitten sind. Zunehmend werden auch Gesamtpakete angeboten, die sowohl Monitoring als auch Analysen erlauben – leider ist man auch hier nicht immer ganz trennscharf in der Verwendung der Begriffe. In jedem Fall hilft es, sich im Vorfeld bewusst zu machen, was man messen oder beobachten will, um im zweiten Schritt die dafür passenden Tools in die Auswahl zu nehmen.
Kennzahlen im Vergleich
Die grundlegende und offensichtliche Kennzahl in Social Media bezieht sich meist auf die Größe der jeweiligen Community: also die Anzahl Fans bei Facebook, die Anzahl Follower bei Twitter oder die Anzahl Abonnenten bei YouTube. Als alleinige Zahl ist ihre Aussagekraft jedoch äußerst gering: Denn was sagen viele Fans aus? Vielleicht haben diese einmal die Facebook-Seite geliked und sind nie wieder gekommen? Was ist denn „viel“? Und ist es überhaupt Ziel, viele Fans zu generieren? Um aussagekräftig zu sein, müssen diese Zahlen mit weiteren Kennzahlen in Zusammenhang gesetzt werden. Zum Beispiel mit den entsprechenden Zahlen der Wettbewerber: Liegt man darüber oder darunter? Oder mit der Aktivitätsrate der Fans: Wie viele von ihnen sind aktiv, d.h. liken, teilen oder kommentieren? Oder mit der Reichweite: Wie viele derjenigen, die mein Post erreicht hat, sind auch Fans geworden? Und in welcher Zeit: Denn erst im Verlauf, mit einem Anfangs- und Endpunkt, lassen sich lohnenswerte Rückschlüsse ziehen.
Ziele als Voraussetzung für KPIs
Die Möglichkeiten des Messens und entsprechend der Kennzahlen sind endlos, entscheidend sind letztlich die (Unternehmens-)ziele: Will man z.B. eine neue Marke bei einer großen Gruppe von Menschen bekannt machen, so sind sicher Reichweite und Fananzahl passende Zielgrößen. Steht hingegen Service im Vordergrund, so würde man eher die Anzahl der Serviceanfragen, den Anteil der beantworteten Anfragen sowie die Schnelligkeit der Beantwortung messen und die letzten beiden Kennzahlen als Erfolgskriterien definieren.
Erfolgsmessung ist immer eine Messung des eigenen Erfolgs, und der kann ganz unterschiedlich definiert werden. Oft lohnt dabei ein medienübergreifender Blick: so wäre für das Service-Beispiel der Zusammenhang mit weiteren Servicekennzahlen interessant, z.B. ob sich parallel die Anzahl an Serviceanfragen im Call Center verändert hat. Hat man solche Kennzahlen als wichtig für die Erreichung der Unternehmensziele definiert, so können Sie als Key Performance Indicators (KPIs) eingestuft werden.
Von der Zielgruppe lernen
Social Media Analysen helfen nicht nur bei der übergreifenden Beobachtung der Zielerreichung, sondern auch beim täglichen Community-Management: Man kann unterschiedliche Posts testen und erkennt im Vergleich mit dem Wettbewerb, welches Thema am besten läuft, ob die Community z.B. eher Fotos oder Videos anklickt oder an welchem Wochentag und zu welcher Tageszeit sie am aktivsten ist – und kann zeitnah die nächsten Posts anpassen. Vergleichen ist Pflicht – das gilt auch plattformübergreifend, um zu beurteilen, ob die Beiträge besser auf Facebook, YouTube oder einer anderen Social Media Plattform ankommen.
Tools für Social Media Analytics
Sicher kann man öffentlich zugängliche Daten wie Fans, Likes und Shares auch selber zählen. Oft bieten auch die Social Media Plattformen, auf denen man aktiv ist, eine Auswertung der eigenen Daten: so z.B. Facebook Insights, Twitter Analytics, Instagram Insights oder YouTube Analytics. Ist man jedoch auf verschiedenen Plattformen präsent, will vergleichbare Kennzahlen haben und zusätzlich den Wettbewerb beobachten, kommt man schnell an seine Grenzen. Plattformübergreifende Tools helfen hier, indem sie den Prozess der Datensammlung und -aufbereitung auf Grundlage verschiedener Social Media Plattformen automatisieren und dadurch letzten Endes Zeit sparen. Es gibt eine Vielzahl an Anbietern von Social Media Analyse-Tools. Drei will ich im Folgenden kurz vorstellen.
Facelift (ehemals Socialbench)
Das Hamburger Unternehmen Socialbench mit dem gleichnamigen Tool für Social Media Analysen wurde 2015 vom ebenfalls aus der Hansestadt kommenden Software Anbieter Facelift übernommen und bietet die Analyse nun als Baustein im Rahmen eines übergreifenden Software-Pakets an. Im Mittelpunkt der Analyse steht ein Web-Dashboard, mit dem Unternehmen ihre Social-Media-Auftritte zentral steuern können. Mit Facebook, Twitter, YouTube und Instagram unterstützt das Tool die wichtigen sozialen Netzwerke.
Das Dashboard lässt sich individuell erstellen, dabei kann aus einer Vielzahl an Mess- und Auswertungsmöglichkeiten ausgewählt werden. Ein zentrales Element ist sicher die KPI-Tabelle, mit der man die Basis-Kennzahlen wie Fans, Wachstum, Fanaktivität oder Antwortzeiten sowohl eigener als auch der Mitbewerber-Seiten im Blick hat. Diese Kennzahlen lassen sich mit dem Kennzahlenprofil des eigenen Unternehmens vergleichen – für unterschiedliche Zeiträume. Ein weiteres Kernelement ist die Darstellung der besten Beiträge wie z.B. Facebook-Posts, sortiert nach Likes oder Aktivität, wobei letztere als „Aktivitätsrate“ den prozentualen Anteil der Likes, Kommentare und Shares im Verhältnis zur Fan-Anzahl wiedergibt. So kann man schnell auch im Vergleich mit dem Wettbewerb sehen, welche Posts gut gelaufen sind und/oder Interaktionen hervorgerufen haben.
Ein Vorteil ist die Integration der Facebook Insights: Per Schnittstelle werden die Facebook-eigenen Analysezahlen im Dashboard geladen, und so hat man wichtige Daten der eigenen Seiten, wie z.B. Reichweiten-Zahlen direkt mit im Blick.
Socialbakers
Socialbakers bietet ebenfalls ein frei zu konfigurierendes Online-Dashboard an, in Englisch, Französisch und Russisch. Es stellt Daten aus Facebook, Twitter, Youtube, Instagram und LinkedIn dar, mit insgesamt über 100 Kennzahlen, darunter auch die Facebook Reactions (Abb. 2). Der Messzeitraum ist bereits in der Dashboard-Ansicht frei wählbar. Wie bei Facelift lassen sich die Facebook Insights der eigenen Seite(n) einbinden und der Zugriff auf Google Analytics per API-Schnittstelle ist ebenfalls möglich. Bei Socialbakers gibt es eine Kennzahl „Socially Devoted“, um die Qualität des Kundenservices zu messen: „socially devotet“ ist danach, wer den Usern auf allen seinen Social Media Seiten eine Möglichkeit zum Feedback gibt, über 65 Prozent dieser Anfragen beantwortet und dies innerhalb max. einer Stunde. Nach Socialbakers sind in Deutschland die Unternehmen Deutsche Bahn, O2 und DHL führend.
Quintly
Obwohl die Website von Quintly nur auf Englisch verfügbar ist, handelt es sich um ein deutsches Unternehmen mit Stammsitz in Köln und einem weiteren Büro in Palo Alto. Mit Quintly lassen Daten aus Facebook, Twitter, Youtube, Linkedin, Instagram, Google+ und Pinterest analysieren. Dafür stehen mehr als 250 unterschiedliche Metriken zur Verfügung, darunter auch wie bei Socialbakers die Facebook Reactions. Ebenfalls wie bei Facelift und Socialbakers ist die Einbindung der Facebook Insights-Daten möglich. Und genau wie bei den beiden anderen Tools gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich die Daten ausgeben zu lassen, z.B. als Excel-Tabelle oder als pdf-Report.
Trend zu ganzheitlichen Lösungen
Es gibt neben den drei genannten noch viele weitere Tools wie z.B. Fanpage Karma, Social Report oder SumAll. Die meisten Analyse-Tools richten ihren Schwerpunkt auf Facebook. Es lohnt sich unbedingt, ein Tool zu testen, bevor man sich an einen Anbieter bindet. Testzugänge mit wenigen Profilen sind bei nahezu allen Tools kostenlos möglich. Will man jedoch längerfristig und auf alle Funktionen zugreifen, so ist ein regulärer Zugang einzurichten. Die Kosten dafür sind unterschiedlich und richten sich danach, wie viele Profile man beobachten und welche übergeordneten Module ausgewählt werden. Davon werden immer mehr angeboten: Der Trend geht eindeutig in Richtung ganzheitlicher Social Media Management-Lösungen, mit denen sich neben der Social Media Analyse z.B. auch die redaktionellen und werblichen Aktivitäten auf seinen Seiten steuern lassen.
Fazit
Die Social Media Analyse unterscheidet sich nicht von anderen Erfolgsmessungen: Der Erfolg richtet sich immer nach den Zielen, die man erreichen will. Die sind leider gerade im Bereich Social Media selten klar definiert, da Aktivitäten auf Facebook & Co. häufig ohne Ziel und quasi als Selbstzweck erfolgen, einfach um auch dort präsent zu sein. Die Frage „Was bringt’s?“ ist dann nicht wirklich zu beantworten – und wird vielleicht auch nicht gestellt. Langfristig lässt sich das sicher nicht durchhalten, denn früher oder später wird in jedem unternehmerischen Umfeld nach dem Wertbeitrag der eigenen Maßnahmen gefragt. Um diesen für Social Media benennen zu können, ist man gut beraten, Ziele und Zielerreichung zu schärfen, sich auf die wesentlichen KPIs zu konzentrieren und zu überlegen, was man dafür braucht, um diese bestmöglich zu beobachten.
Tools erleichtern die Beobachtung und bieten Unterstützung, von der Datenerfassung über die Dokumentation bis hin zum Management der eigenen Social Media-Seiten. Man sollte sich dabei nicht nur auf Social-Media beschränken, sondern die Zahlen in Zusammenhang mit dem Resultat anderer Messungen, wie z.B. der Webanalyse bringen (Hier findet ihr ein Social Media Dashboard für Google Analytics). Die Interpretation schließlich wird keine Maschine übernehmen, hier ist der Mensch gefragt. Lohn des Ganzen sind Ergebnisse, die den Erfolg vergangener Aktivitäten dokumentieren und mehr Sicherheit für die zukünftigen Schritte geben.
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